OpenAI öffnet ChatGPT für den Zugriff auf Unternehmensdaten – ein Schritt, der den KI-Einsatz in Firmen grundlegend verändern könnte. Mit der neuen Funktion „Company Knowledge“ kann der Assistent Dokumente, E-Mails oder Projektdateien aus Tools wie Slack, Google Drive, GitHub oder SharePoint direkt durchsuchen und kontextbasiert beantworten.
Was wie ein Effizienzsprung klingt, ist zugleich ein Weckruf für Datenschutz und Compliance: Denn wer KI in die eigene Datenlandschaft lässt, trägt Verantwortung – für Transparenz, Governance und sichere Nutzung. Spätestens mit dem EU AI Act wird klar: Unternehmen brauchen nicht nur Technik, sondern auch nachweisbare KI-Kompetenz, um diese neue Ära der Künstlichen Intelligenz sicher zu gestalten.
30-Sekunden-Übersicht
- OpenAI führt „Company Knowledge“ ein: ChatGPT kann auf interne Firmendaten aus Tools wie Slack, Google Drive, GitHub oder SharePoint zugreifen.
- Unternehmen erhalten so einen intelligenten Wissensassistenten – jedoch mit neuen Risiken für Datenschutz und Datenhoheit.
- ChatGPT speichert Gesprächsdaten standardmäßig bis zu 30 Tage; eine US-Gerichtsentscheidung verpflichtet OpenAI derzeit zur längeren Archivierung.
- Der EU AI Act fordert künftig Nachweise über Governance, Transparenz und verantwortungsvollen KI-Einsatz.
- Firmen sollten jetzt KI-Strategien und Richtlinien entwickeln – inklusive KI-Kompetenznachweis für Fach- und Führungskräfte.
ChatGPT zieht in die Firmen-Cloud ein
Mit der neuen Funktion „Company Knowledge“ verschiebt OpenAI die Grenze zwischen öffentlichem Chatbot und interner Unternehmenslösung. ChatGPT wird damit zum digitalen Wissensassistenten, der auf zentrale Tools wie Slack, Google Drive, GitHub oder SharePoint zugreifen kann – und Fragen künftig direkt mit Inhalten aus den eigenen Unternehmensdaten beantwortet.
Im Arbeitsalltag heißt das: Statt Dokumente manuell zu suchen oder Kolleg:innen nach Informationen zu fragen, reicht künftig eine KI-Abfrage wie „Was wurde im letzten Projektmeeting beschlossen?“ oder „Zeig mir die aktuelle Version der Vertriebspräsentation“. ChatGPT greift dann auf die verknüpften Datenquellen zu – und liefert Antworten im Gesprächsformat.
Für viele Unternehmen bedeutet das einen echten Produktivitätsschub. Prozesse werden beschleunigt, Wissen wird zugänglich, und Informationen, die sonst in E-Mail-Threads oder Cloud-Ordnern verschwinden, werden zentral abrufbar. Doch genau darin liegt auch die Herausforderung: Interne Daten sind sensibel, oft vertraulich und teilweise personenbezogen. Wer sie einer KI öffnet, muss wissen, wer worauf Zugriff hat – und wie lange.
OpenAI selbst betont, dass ChatGPT-Teams die Daten ihrer Kund:innen nicht zum Modelltraining nutzt. Dennoch werden Konversationen standardmäßig bis zu 30 Tage gespeichert, um Missbrauch zu erkennen oder Systemfehler zu analysieren. Nach Ablauf dieser Frist sollen sie laut OpenAI gelöscht werden – zumindest, solange keine rechtlichen Ausnahmen greifen. Aktuell steht diese Praxis jedoch im Fokus einer US-Gerichtsentscheidung, die OpenAI verpflichtet, Chat-Verläufe länger aufzubewahren. Für europäische Unternehmen ergibt sich daraus eine klare Konsequenz: Daten-Governance ist Pflicht, nicht Kür.
Zwischen Innovation und Verantwortung
Auf den ersten Blick verspricht „Company Knowledge“ vor allem eines: Effizienz. Informationen, die früher in Ordnerstrukturen oder Cloud-Systemen verborgen lagen, sind plötzlich nur noch eine Chat-Abfrage entfernt. Für Unternehmen, die täglich mit Daten, Projekten und Abstimmungen arbeiten, ist das ein enormer Fortschritt.
Doch jede neue Möglichkeit bringt auch neue Pflichten. Wenn ChatGPT Zugriff auf Unternehmensdaten erhält, wird aus dem nützlichen Assistenten ein Teil der internen Informationsinfrastruktur. Damit greifen dieselben Regeln wie bei sensiblen IT-Systemen: Zugriffsbeschränkungen, Nachvollziehbarkeit und Datenschutz. Besonders in Europa, wo die DSGVO und der kommende EU AI Act klare Leitplanken setzen, ist das kein Nebenschauplatz, sondern eine zentrale Führungsaufgabe.
Unternehmen stehen damit vor einer strategischen Frage: Wie lässt sich der Nutzen generativer KI ausschöpfen, ohne Kontrollverlust zu riskieren? Die Antwort liegt in Governance-Strukturen, die nicht nur Technik, sondern auch Verantwortung abbilden. Wer interne KI-Projekte startet, sollte Richtlinien für Datenverarbeitung, Löschfristen und Zugriffskontrolle verbindlich festlegen – und regelmäßig überprüfen.
Auch die KI-Kompetenz der Mitarbeitenden wird dabei zum Erfolgsfaktor. Denn nur wer versteht, wie Sprachmodelle arbeiten, welche Daten sie nutzen und welche Risiken sie bergen, kann sie sicher einsetzen. Der kommende EU AI Act verlangt künftig nachvollziehbare Entscheidungen – das setzt Wissen und Verantwortung auf allen Ebenen voraus.
EU AI Act: Neue Pflichten für KI-Nutzung in Unternehmen
Der EU AI Act verändert die Spielregeln für den Einsatz Künstlicher Intelligenz grundlegend. Die Verordnung, die schrittweise ab 2025 in Kraft tritt, gilt nicht nur für Entwickler von KI-Systemen, sondern auch für Unternehmen, die diese Technologien einsetzen, anpassen oder bereitstellen. Damit betrifft sie auch Organisationen, die Tools wie ChatGPT in ihre Geschäftsprozesse integrieren oder Daten über Funktionen wie „Company Knowledge“ freigeben.
Das Ziel: mehr Transparenz, Sicherheit und Nachvollziehbarkeit. Unternehmen müssen künftig dokumentieren, wie KI-Systeme eingesetzt werden, welche Daten sie verarbeiten und welche Risiken daraus entstehen. Insbesondere sogenannte General Purpose AI (GPAI) – also Modelle mit breiter Anwendung wie ChatGPT – unterliegen besonderen Anforderungen.
🔍 Kernelemente des EU AI Act (Stand Oktober 2025)
- Risikoklassifizierung: KI-Systeme werden nach Risiko für Grundrechte und Sicherheit eingestuft (von „minimal“ bis „hoch“).
- Dokumentationspflicht: Unternehmen müssen Einsatz, Datenquellen und Prüfprozesse dokumentieren.
- Transparenzanforderungen: Nutzer müssen erfahren, wann sie mit KI interagieren und welche Daten verarbeitet werden.
- Haftung & Nachvollziehbarkeit: KI-Entscheidungen müssen überprüfbar und erklärbar sein.
- Schulungs- & Kompetenznachweis: Mitarbeitende, die mit KI-Systemen arbeiten, müssen entsprechend qualifiziert sein – etwa durch einen KI-Kompetenznachweis.
Für viele Firmen ist das eine Herausforderung – aber auch eine Chance. Wer frühzeitig mit einer KI-Governance-Struktur startet, kann Prozesse und Verantwortlichkeiten rechtzeitig anpassen. Damit lassen sich nicht nur Bußgelder vermeiden, sondern auch Vertrauen bei Kund:innen, Partnern und Aufsichtsbehörden gewinnen.
Besonders wichtig: Die Verantwortung endet nicht beim Datenschutzbeauftragten. Führungskräfte, IT-Administratoren und Fachabteilungen müssen künftig zusammenarbeiten, um KI transparent, sicher und nachvollziehbar zu nutzen. Der KI-Kompetenznachweis bietet hier einen strukturierten Rahmen, um Know-how und Verantwortlichkeiten messbar zu machen.
Chancen & Risiken im Überblick
Mit „Company Knowledge“ bringt OpenAI ChatGPT direkt in den Unternehmensalltag – und verändert damit nicht nur Arbeitsprozesse, sondern auch die Verantwortlichkeit im Umgang mit Daten. Die neue Funktion steht exemplarisch für den Balanceakt zwischen technologischer Innovation und rechtlicher Verpflichtung.
✅ Chancen für Unternehmen
- Effizienzsteigerung: Mitarbeitende finden Informationen schneller und können fundierter entscheiden – weniger Zeitverlust durch manuelle Suche.
- Wissensintegration: ChatGPT verknüpft interne Systeme zu einer zentralen Wissensquelle – ideal für dezentrale Teams oder komplexe Projekte.
- Wettbewerbsvorteil: Frühe Integration generativer KI stärkt Innovationsfähigkeit und Kundenservice.
- Governance-Aufbau: Wer KI-Einsatz dokumentiert und kontrolliert, erfüllt bereits zentrale Anforderungen des EU AI Act – ein Pluspunkt für Compliance und Vertrauen.
- Kompetenzgewinn: Durch gezielte Weiterbildung und KI-Kompetenznachweis können Mitarbeitende den verantwortungsvollen Umgang mit KI belegen.
⚠️ Risiken & Herausforderungen
- Datenhoheit & Datenschutz: Interne Informationen verlassen unter Umständen das geschützte Unternehmensumfeld – besonders kritisch, da ChatGPT-Interaktionen laut OpenAI bis zu 30 Tage gespeichert und aktuell teils unbefristet archiviert werden.
- Haftungsrisiken: Fehlerhafte Antworten oder KI-generierte Inhalte können finanzielle und rechtliche Konsequenzen haben, wenn sie unkontrolliert in Entscheidungen einfließen.
- Regulatorischer Druck: Der EU AI Act verlangt künftig Nachvollziehbarkeit, Risikoanalysen und technische Dokumentation – für viele Firmen Neuland.
- Sicherheitslücken: Unsachgemäße Anbindung von Cloud-Diensten kann vertrauliche Daten exponieren.
- Kulturwandel: KI verändert Entscheidungswege. Ohne klare Richtlinien riskieren Unternehmen interne Unsicherheit oder Abhängigkeiten von externen Systemen.
Der Einsatz von ChatGPT ist also kein reines Technologieprojekt, sondern eine Frage der Unternehmensführung. Erfolgreich sind diejenigen, die den Einsatz strategisch begleiten – mit klaren Prozessen, Transparenz und messbarer Kompetenz.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Der produktive Einsatz von ChatGPT im Unternehmen ist kein Selbstläufer. Damit die Integration von Funktionen wie „Company Knowledge“ nicht zu einem Sicherheits- oder Compliance-Risiko wird, sollten Unternehmen jetzt gezielt handeln. Die folgenden Schritte bieten eine praxisnahe Orientierung:
- Dateninventur durchführen: Analysieren Sie, welche internen Datenquellen verknüpft werden sollen – und welche Informationen als kritisch oder vertraulich gelten.
- Zugriffsrechte definieren: Legen Sie genau fest, wer innerhalb des Unternehmens mit ChatGPT arbeiten darf und welche Datenbereiche zugänglich sind.
- Retention-Strategie prüfen: Stimmen Sie interne Löschfristen und Datenaufbewahrung mit der tatsächlichen Speicherpraxis von OpenAI ab, um DSGVO-Verstöße zu vermeiden.
- KI-Governance aufbauen: Entwickeln Sie klare Richtlinien für Einsatz, Kontrolle und Dokumentation von KI-Systemen – inklusive Verantwortlichkeiten und Eskalationswegen.
- Prozesse dokumentieren: Führen Sie nachvollziehbare Aufzeichnungen darüber, wie KI-Systeme genutzt werden, welche Daten fließen und welche Ergebnisse entstehen.
- Qualifizierung sicherstellen: Schulen Sie Mitarbeitende im sicheren Umgang mit generativer KI, insbesondere in den Bereichen Datenschutz, Datensicherheit und ethische Nutzung.
- Pilotphasen nutzen: Testen Sie neue KI-Funktionen zunächst in einem begrenzten Team oder Anwendungsfall, bevor Sie sie flächendeckend einführen.
Diese Maßnahmen schaffen nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern auch Vertrauen – intern wie extern. Unternehmen, die frühzeitig klare Strukturen und Zuständigkeiten etablieren, können die Vorteile generativer KI verantwortungsvoll und strategisch nutzen.
Fazit: KI braucht Führung, nicht Faszination
Die neue Funktion „Company Knowledge“ macht deutlich, wie rasant Künstliche Intelligenz den Unternehmensalltag verändert. Was gestern noch Vision war, wird heute produktiv: ChatGPT wird zum Werkzeug, das Wissen bündelt, Kommunikation beschleunigt und Entscheidungsprozesse unterstützt.
Doch je tiefer KI in die Organisation eingebunden wird, desto stärker zählt eines: Führung durch Verständnis. Wer die Kontrolle über Daten, Prozesse und Zuständigkeiten behält, verwandelt technologische Möglichkeiten in nachhaltigen Nutzen. Wer dagegen unvorbereitet agiert, riskiert Kontrollverlust, Reputationsschäden und regulatorische Konsequenzen.
Der verantwortungsvolle Einsatz von KI ist keine Frage der Größe, sondern der Haltung. Unternehmen, die frühzeitig Strukturen schaffen, Kompetenzen aufbauen und Governance als festen Bestandteil der Strategie verstehen, werden von dieser Entwicklung profitieren. Nicht, weil sie KI nutzen – sondern weil sie sie verstehen und gestalten.
